

26.06.2022 BERGEN Als wir morgens um 10 Uhr gemütlich die Leinen in LEIRVIK loswarfen wollten wir ursprünglich über zwei weitere Zwischenziele nach Bergen segeln. Von Freitag auf Samstag hätten wir aufgrund schlechten Wetters gut geschützt liegen müssen. Die vorab in der Karte ausgesuchten Ankerbuchten machten aber vor Ort einen weniger guten Eindruck. Wir entschlossen uns daher, die 47 Meilen bis nach BERGEN durchzufahren – oder besser gesagt zu „segeldieseln“. Ab wann ein Fjord ein Fjord oder ein Sund ist haben wir noch nicht heraus gefunden. Auf jeden Fall wurde im „LANGENAUEN“ (Fjord oder Sund) der Wind kanalisiert und wehte entgegen der Vorhersage kräftig aus der Richtung in die wir wollten. Plötzliche Winddreher von 90° waren keine Seltenheit. Ob die einfallenden Böen dem Wetter oder der Topografie geschuldet waren wissen wir auch nicht, das Ergebnis war jedenfalls gewöhnungsbedürftig. Die Strömung nimmt zu je weiter wir nach Norden kommen. Bis zu 2,5 Knoten hatten wir anfangs gegen an, später auch mit. Ohne verlässlichen Motor wollten wir in diesem Gebiet nicht sein. Unser „Onkel Günter“ gibt uns hier ein gutes Gefühl und Sicherheit. Die Strecke nach Bergen ist schön und abwechslungsreich. Wir queren teilweise große aber zur See hin geschützte Wasserflächen, danach geht es weiter durch schmalere Fahrwasser der Fjorde und Sunde. Auch hier gilt das Recht des Stärkeren. Die Berufsschifffahrt hält egal wo am Kurs fest und ist dazu noch recht schnell unterwegs. Einem Schlepperkapitän hat unser rotes Segelboot vermutlich so gut gefallen, dass er es sich aus nächster Nähe anschauen wollte. In Bergen angekommen können wir den letzten freien Liegeplatz ergattern. Wir liegen mitten in der Stadt unweit des Fischmarkts und sind begeistert. Hier werden wir erstmal einige Tage bleiben und uns diese lebendige Stadt anschauen. Einige Stunden nach unserer Ankunft ist der Hafen voll. Wir erfahren, dass jetzt Festival Tage sind und überall Live Musik gespielt wird.




25.05.2022 LEIRVIK Die Crew der Schweizer Segelyacht HAPPY DAY beschreibt uns den Hafen als laut, dafür aber gut ausgestattet und mit neuen Sanitäranlagen. Eigentlich sei er nicht zu empfehlen. Unser Ziel für den nächsten Boat Office Einsatz ist BERGEN. Um dahin zu kommen, haben wir fünf Tage Zeit. Es gilt abzuwägen ob wir das Wetterfenster der nächsten Tage nutzen, um Strecke zu machen oder über mehrere Ankerbuchten dem nächsten Zwischenziel Bergen entgegen zu tingeln. Wir entscheiden uns zunächst für die neuen Sanitäranlagen, alle weiteren Optionen wollen wir von unterwegs spontan entscheiden. Der Hafen in LEIRVIK stellt sich genau so dar wie er uns vorab beschrieben wurde.


22.05.2022 HAUGESUND Für die kommende Woche ist schlechtes Wetter vorhergesagt und wir müssen für drei Tage das Boat Office in Betrieb nehmen. Auch während unserer Auszeit unter Segeln gibt es einiges zu tun, was uns das Privileg dieser längeren Reise mitunter ermöglicht. Wir haben uns dafür das 24 Meilen entfernte HAUGESUND ausgesucht. Der Gästehafen wird im Pilot Book als gut ausgestattet beschrieben, der gut geschützt inmitten einer Kleinstadt liegt. Für die Überfahrt benötigen wir 5 Stunden, etwa die Hälfte davon können wir bei achterlichem Wind segeln. Der Gästehafen liegt direkt hinter einer Brücke und ist gut besucht. Das Anlegemanöver rückwärts an die Pier ist bei Strömung und 16kn Wind etwas tückisch. Um 17 Uhr sind wir fest und gehen auf kurze Erkundungstour. Die Stadt macht einen guten ersten Eindruck. Entlang der Pier sind einige Cafés, Restaurants und Kneipen. In der Stadt ist eine lange Fußgängerzone mit bunter Auswahl an Geschäften. Den Hafen teilt sich die Berufsschifffahrt mit den Sportbooten in ausgewogener Weise. Strom liegt direkt am Steg. Die ersehnte Dusche und die beschriebenen Waschmaschinen gibt es nicht mehr. Nach dem Corona Lockdown habe man sich entschieden diese nicht wieder in Betrieb zu nehmen, heißt es. Egal, hier liegen wir erstmal gut und sicher für die nächsten Tage.


20.05.2022 Insel KVITSOY Das schöne Wetter mit Wind aus Süden bietet ideale Voraussetzungen für eine kurze Etappe unter Segeln. Unsere Freunde aus Cuxhaven liegen auf der 12 Meilen entfernten Insel und berichten von deren Schönheit. Gegen 14 Uhr werfen wir die Leinen los und segeln bei gemütlichen 14 Knoten mit Halbwindkurs unserem nächsten Ziel entgegen. Die Zufahrt zur Insel ist wieder spannend. Von Weitem sehen wir einige vorgelagerte Untiefen an denen sich die Wellen brechen. Zudem nimmt auch die Fähre vom Festland die ohnehin schon enge Einfahrt für sich in Anspruch. Zur Sicherheit werfen wir den Motor an und streichen die Segel. Durch enge aber gut gekennzeichnete Fahrwasser dieseln wir in einen kleinen Hafen wo unsere Freunde die Landleinen entgegen nehmen. Die kleine Insel hat ihren eigenen Charme. Es führt ein schöner Wanderweg (eher Trampelpfad) um die Insel, entlang alter Geschützstellungen des Atlantikwalls.


19.05.2022 TANANGER Vorausgesagt ist Wind aus Süden in der Stärke von 4-5 Beaufort. Aufgrund des günstigen Wetterfensters entschließen wir uns für einen langen Schlag in das 64 Seemeilen entfernte TANANGER. Der frühe Vogel fängt den Wurm heißt es so schön, wir tanken aber erstmal 170 Liter Diesel zu umgerechnet 1,75€/L. Ein guter Fang im Vergleich zu den Preisen anderer Bootstankstellen. Die Fahrt entlang der Küste ist abwechslungsreich, auf Höhe EGERSUND kommt uns sogar ein U-Boot entgegen. Wir kommen gut voran und mit zwei Knoten mitlaufender Strömung machen wir bis zu 8Knoten Geschwindigkeit über Grund. Gegen 17Uhr liegen wir längsseits am Gästesteg in der Marina TANANGER. Hier soll der größte Ölhafen Norwegens sein. Wir waren auf regen Schiffsverkehr und viel Industrie eingestellt, was sich jedoch nicht bewahrheitete. TANANGER selbst ist eher ein Dorf das an ein großes Industriegebiet grenzt. Mit den Marinas in Norwegen ist es schon speziell. Manche sind nur dadurch zu erkennen, dass auf die Bezahl-App „GoMarina“ hingewiesen wird. Nach vier Tagen in Kirkenham am kommunalen Steg wollten wir hier Wäsche waschen, die Wassertanks auffüllen, duschen und mit Landstrom unsere Batterien auffüllen. Übrig blieb davon nur Duschen und der Traum von einer eigenen Warmwasserversorgung an Bord. Als Entschädigung gab es fangfrische Garnelen vom Kutter. An Norwegen gefällt uns auch gut, dass nahezu jeder Ort ein kleines Museum hat. Diese Museen werden ehrenamtlich betrieben und durch einen Verband zum Erhalt norwegischen Kulturguts und Identität als Küstennation gefördert.


Forbundet KYSTEN – The coastal federation is an organisation dedicated to the preservation of Norwegian coastal culture. Its mission is to strenghten our identity as a coastal nation.

17.05.2022 KIRKHAMN, Insel Hidra, Norwegischer Nationalfeiertag zur Erinnerung an die Unterzeichnung der Verfassung im Jahre 1814. Alle Häuser sind geschmückt und überall wehen die Flaggen des Landes. Jung und alt feiern zusammen und viele haben sich in Trachten gekleidet. Wir fallen mit unserem „Seglerzivil“ deutlich aus der Rolle, werden aber von jedem freundlich gegrüßt. Offensichtlich wird es geschätzt, dass wir der Parade beiwohnen. Es ist im Ganzen eine angenehme und entspannte Stimmung. Die Parade formiert sich vor dem Supermarkt des Dorfes, danach geht es gemeinsam zum 1km entfernten Altenheim. Gesangsgruppen treten auf und es werden kurze Reden gehalten. Inhaltlich verstehen wir leider nicht alles. Wir nehmen aber einige Schlagworte wie „Frieden, Freiheit, Sicherheit, Ukraine, Corona, Lockdown und Einsamkeit“ auf. Schön zu sehen, wie hier ein gesunder Patriotismus gelebt wird.


15.05.2022 KIRKENHAMN, Insel HIDRA. Der Seewetterbericht sagt bis Mittag Wind in der Stärke von 4 Beaufort aus Nordwest voraus. Das ist zwar ungefähr die Richtung in die wir wollen aber mit ein paar mal aufkreuzen ist das unter Segeln gut zu machen. Die Dünung ist länger geworden und Germane verliert weniger Geschwindigkeit als in der sonst üblichen kurzen Nordseewelle. Bei gemütlichen 12 Knoten segeln wir hoch am Wind mit 6Knoten durchs Wasser. Die Küste wird immer spektakulärer. Es ist wirklich imposant, von See kommend in Richtung der felsigen Küste zu segeln. Der Eingang des Fahrwassers ist zwischen den Felsen erst spät zu erkennen und wir Vertrauen zunächst auf unseren Plotter. Anders als in der deutschen Bucht haben wir bei den Zufahrten immer ausreichend Wasser unterm Kiel. Selbst in den teilweise sehr engen Zufahrten sind über 60m Wassertiefe keine Seltenheit. Der Ort stellt sich wieder als einer der wertvollen „Geheimtipps“ von Bert heraus. Wir liegen gut geschützt vor dem „Hitteroy Kystkultursenter“ Ein schönes kleines Holzhaus mit Touristeniformation und Toilette. Einen Hafenmeister gibt es hier nicht, einen Landstromanschluss aber auch nicht. Wir werden freundlich von den Einheimischen in Empfang genommen, die uns mit ihren Booten Platz an der Pier machen. „Long time no see„, wir freuen uns als zwei Stunden später auch unsere Liegeplatznachbarn aus Cuxhaven einlaufen. Wir nehmen die Senja längsseits und gehen auf ausgiebige Erkundungstour. In den Bergen oberhalb des Dorfes besichtigen wir die ehemaligen Stellungen einer Küstenbatterie des Atlantikwalls.


13.05.2022 FARSUND Zum Glück haben wir keine Luxusprobleme an Bord. Zur Abwechselung würden wir uns aber über eine warme Dusche und Waschmaschine freuen. Somit machen wir uns auf die Reise in nur 9 Seemeilen entfernte FARSUND. Der Ort wurde uns als schön mit guten Versorgungsmöglichkeiten beschrieben und hält was er verspricht. Wir können längsseits vor einem kleinen Supermarkt anlegen und auch das Sanitärgebäude ist in unmittelbarer Nähe. Das Erstaunliche an den norwegischen Häfen ist, dass überall Anlegemöglichkeiten vorhanden sind. Es scheint hier normal zu sein mit dem Boot zum Einkaufen zu fahren. Dort wo Platz ist macht man fest und gut ist. In der Hauptsaison von Juni – August mag das anders sein, jetzt genießen wir die Vorzüge der Vorsaison.

08.05.2022 MANDAL – LINDESNES -KORSHAVN Es ist gut Mitglied im TRANS OCEAN e.V. zu sein. Bert und Marlene Frisch sind erfahrene Fahrtensegler und kennen Norwegen wie ihre Westentasche. Wir erhalten von ihnen viele nützliche Tipps und Informationen zu unserer Reise. So auch heute, unmittelbar hinter dem Leuchtturm von LINDESNES biete es sich bei dem heutigen Wetter an nach Norden zu segeln, um in dem kleinen Fischerdorf KORSHAVN fest zu machen. Die Zufahrt sei zwar eng aber wo die Heimkehr (Schiff von Bert und Marlene, http://www.heimkehr-hamburg.de) durchpasst kämen wir allemal durch. Gesagt getan, der Plotterkurs wird angepasst und wir werden mit einem weiteren hübschen Ort inmitten der Schärenlanschaft Südnorwegens belohnt, an dem wir sonst vorbei gesegelt wären.

08.05.2022 freudige Überraschung Etwa 4 Seemeilen vor dem Leuchtfeuer werden wir auf Kanal 16 angerufen: „Segelyacht Germane – Segelyacht La Belle Epoque – over“. Wie geil ist das denn? Claudia und Jürgen Kirchberger segeln ungefähr eine Meile hinter uns. Wir sprechen KORSHAVN als gemeinsamen Zielhafen ab und La Belle Epoque passt ihren Kurs an. Für mich (Dirk) ein ganz besonderer Moment. Über Jahre hinweg habe ich ihre Reise verfolgt und viele wertvolle Anregungen von ihrer Webseite http://www.fortgeblasen.at mitgenommen und umgesetzt. Mit viel Mühe werden dort Wissen und Erfahrungen ohne kommerzielle Absicht geteilt. An dem Neuaufbau einer alten Stahlyacht in den Bergen Österreichs, deren Flussüberführung in die Nordsee, der Umrundung des gesamten amerikanischen Kontinents nebst Umrundung Neuseelands, kann man teilhaben. Ich habe alle ihre Bücher gelesen und kann diese auch jedem Nichtsegler wärmstens empfehlen.

Die Durchquerung der Nordwestpassage habe ich 2013 verfolgt, als ich für sieben Monate in KUNDUZ/ Afghanistan eingesetzt war. Nach jeder Rückkehr ins Feldlager habe ich ihre Position runtergeladen und mich über einen neuen Reisebericht auf der Homepage gefreut. Dies hat mir die Möglichkeit gegeben für eine kurze Zeit die Belastungen dieses Einsatzes zu verdrängen. Jetzt stehe ich neun Jahre später an Bord dieser bewährten Yacht mit ihrer weitgereisten Crew und kann es kaum fassen. Ein tolles Schiff ohne Schnickschnack. Stark, funktional und sicher, ohne dadurch Komfort und Gemütlichkeit vermissen zu lassen. Man sieht ihr an, dass sie geliebt wird und eine Seele hat.

Wir haben einen tollen Abend an Bord mit Spaghetti a la Claudia. Es sind doch immer wieder diese Treffen mit besonderen Menschen, die das Leben bereichern. Es ist schön zu erleben, wie authentisch und bodenständig diese beiden Ausnahmesegler wirklich sind. Wie es aber beim Fahrtensegeln so ist kommt der Abschied schnell. Claudia und Jürgen müssen noch Strecke machen, sie wollen dieses Jahr noch bis nach Grönland. So werfen sie am nächsten Morgen die Landleinen los und wir wünschen eine gute Reise. Auf ein Wiedersehen irgendwann und irgendwo!

05.05. – 08.05.2022 MANDAL Ab Mittag ist starker Wind mit Böen bis Stärke 8 aus Nordwest vorhergesagt. Das vor uns liegende Seegebiet ist für hohe und brechende Wellen bei Starkwind berüchtigt. Wir legen daher um 06:30 Uhr in KRISTIANSAND ab, um noch vor der Schlechtwetterfront im 24 Seemeilen entfernten MANDAL anzukommen. Unsere Route führt entlang der vorgelagerten Schären mit groben Kurs nach Südwesten. Die felsige Südküste Norwegens ist mit ihren vorgelagerten Schären immer wieder ein Erlebnis. Hinter den Schären liegt man gut geschützt, außerhalb ist aber bestimmt kein „place to be“ bei Sturm. Um 10:45 machen wir am Gästepier im Hafen von MANDAL fest. Eine schöne Kleinstadt mit guten Versorgungsmöglichkeiten. Der Hafen liegt gut geschützt in dem Mandalselva Fluß, der für seinen Lachsreichtum bekannt ist. Die Gegend ist auf Tourismus ausgerichtet, hat lange Sandstrände und schöne Wanderwege entlang der Küste. Die Liegeplatzgebühren halten sich mit umgerechnet 15,-€/Tag in Grenzen.
